GETANZTES Michaela Schubert

SPUREN

eine Tanztheaterproduktion / Januar 2018

„Gehe nicht nur die glatten Straßen, geh´ Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterläßt und nicht nur Staub!“

(Antoine de Saint Exupery)

das Projekt wurde fotografisch begleitet von Christan Juppe

CHRISTIAN JUPPE
FOTOGRAF
Business . Reportage . People
info@christianjuppe.de

Spuren

Jeder Schritt, jede Bewegung hinterlässt eine Spur,

bewusst oder versehentlich, für das Auge sichtbar oder verborgen.

Wir können die Spuren vertiefen oder verwischen, in der Spur bleiben oder aus der Spur geraten.

Die Spuren des Lebens zeichnen sich in unsere Körper.

Die Teilnehmer/innen aus den Kursen moderner Tanz und Flamenco begeben sich auf Spurensuche in der Erinnerung – Gegenwart und Zukunft.

Eine Kursabschluss- und Kursneujahrspräsentation.

„Die gesamte, sehr starke Wirkung des Beispiels beruht darauf, dass der Mensch in der Regel zu wenig Urteilskraft, oft auch zu wenig Kenntnis hat, um seinen Weg selbst zu explorieren:

Daher er gern in die Fußstapfen anderer tritt.“

(Arthur Schopenhauer)

Es war einmal ein Vater, der hatte zwei Söhne. Je älter und gebrechlicher er wurde, desto mehr dachte er über sein Leben nach. Und manchmal kamen ihm Zweifel, ob er seinen Söhnen wohl das Wichtigste für ihr Leben weitergegeben hatte. Weil ihm diese Frage nicht losließ, beschloss der Vater seine Söhne mit einem besonderen Auftrag auf eine Reise zu schicken. Er ließ sie zu sich kommen und sagte: “ Mein Leben neigt sich langsam dem Ende. Meine Spuren und Zeichen werden bald verblassen. Nun möchte ich, dass Ihr in die Welt hinaus geht und dort eure ganz persönlichen Spuren und Zeichen hinterlasst.” Die Söhne taten, wie ihnen geheißen und zogen hinaus in die Welt. Der Ältere begann sogleich eifrig damit, Grasbüschel zusammenzubinden, Zeichen in Bäume zu schnitzen, Äste zu knicken und Löcher zu graben, um seinen Weg zu kennzeichnen. Der jüngere Sohn jedoch sprach mit den Leuten, denen er begegnete, er ging in die Dörfer und feierte, tanzte und spielte mit den Bewohnern. Nach einiger Zeit kehrten sie zum Vater zurück. Der nahm dann gemeinsam mit seinen Söhnen seine letzte und beschwerliche Reise auf sich, um ihre Zeichen zu sehen. Sie kamen zu den gebundenen Grasbüscheln. Der Wind hatte sie verweht und sie waren kaum noch zu erkennen. Die gekennzeichneten Bäume waren gefällt worden und die Löcher, die der ältere der beiden Söhne gegraben hatte, waren fast alle bereits wieder zugeschüttet. Aber wo immer sie auf ihrer Reise hinkamen, liefen Kinder und Erwachsene auf den jüngeren Sohn zu und freuten sich, dass sie ihn wiedersahen und luden ihn zum Essen und zum Feiern ein. Am Ende der Reise sagte der Vater zu seinen Söhnen: “Ihr habt beide versucht, meinen Auftrag, zu erfüllen. Du, mein älterer, hast viel geleistet und gearbeitet, aber deine Zeichen sind verblichen. Du, mein jüngerer, hast Zeichen und Spuren in den Herzen der Menschen hinterlassen. Diese bleiben und leben weiter.”

(aus Afrika)

© 2024 GETANZTES Michaela Schubert

Thema von Anders Norén